PRÄZISIONS-ROBOTER SPRITZT MEDIZIN IN DAS AUGE

Der Roboter wurde von Prof. Mohammad Ali Nasseri (Foto) und seinem Team am Lehrstuhl für Medizinische Autonomie und Präzisionschirurgie entwickelt, um die bislang manuellen Injektionen von Medikamenten ins Auge deutlich sicherer und genauer durchführen zu können.​

Fortschritt und Ablauf der Operation

Bisher werden zur Therapie von AMD Medikamente mit einer feinen Spritze seitlich direkt ins Auge appliziert. Dies ist ein sehr anspruchsvoller Eingriff, bei dem selbst erfahrene Fachleute an die Grenzen der Präzision stoßen. Der neue Roboter kann die Spritze mit einer extremen Genauigkeit von nur 15 Mikrometern (0,015 Millimetern) in die rund 200 Mikrometer dünne Netzhaut platzieren. Diese Präzision ist entscheidend, da der Wirkstoff exakt dort wirken muss, wo ein spezieller Wachstumsfaktor das Augenlicht bedroht.​

Normalerweise ist die Vorbereitung für robotergestützte Operationen aufwendig und dauert bis zu einer Stunde. Der von TUM entwickelte Roboter kann jedoch dank intelligenter Sensoren, neuronaler Netze und automatisierter Steuerung in weniger als fünf Minuten einsatzbereit sein. Die Sensoren lokalisieren das Auge und die Iris präzise und bringen die Instrumente automatisch in die ideale Position für den Eingriff.​

Dynamische Anpassung und Sicherheit

Während der Operation können sich die Augen trotz Betäubung noch leicht bewegen. Um diese Bewegungen zu erfassen und auszugleichen, wird ein sogenannter optischer Kohärenztomograph (OCT) eingesetzt. Dieses Gerät erstellt fortlaufend Bilder von der Netzhaut, sodass der Roboter auf winzige Bewegungen reagieren kann. Selbst wenn das Auge Sinus-artige, langsame Bewegungen macht, bleibt die Abweichung bei der Medikamenten-Injektion unter 25 Mikrometern – das ist nach Expertenmeinung mehr als ausreichend für eine sichere Behandlung.​

Ein wichtiger Vorteil des Roboters liegt darin, dass Komplikationen wie Entzündungen, die bei manuellen Spritzen häufiger auftreten, durch die hohe Präzision und die kontrollierte Verabreichung deutlich reduziert werden können. Der Leiter der Augenheilkunde am TUM Klinikum, Prof. Peter Charbel Issa, betont, wie groß das medizinische Potenzial dieser robotischen Unterstützung für Patientinnen und Patienten ab 60 Jahren ist.​

Perspektive, Forschung und Förderung

Aktuell leiden weltweit rund 200 Millionen Menschen unter AMD; ihre Zahl wird bis 2040 voraussichtlich auf über 280 Millionen steigen. Die ersten Anwendungen des Roboters erfolgen zunächst an Schweineaugen, da diese dem menschlichen Auge strukturell sehr ähnlich sind. Ab Anfang 2026 sind lebende Tiere für den nächsten Testschritt vorgesehen. Mit klinischen Studien am Menschen wird dann erst in einigen Jahren gerechnet.​

Das Projekt „GRATA“, das von Prof. Nasseri geleitet wird, ist auf drei Jahre angelegt und wird mit 1,91 Millionen Euro vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert. Ziel ist die Entwicklung einer modularen, KI-gestützten Plattform, die es dem medizinischen Personal ermöglicht, sicher und effizient mit Robotik-Systemen umzugehen. Die Plattform wird gemeinsam mit Partnern wie fortiss, TU Chemnitz, adesso SE, SynthesEyes und YOUSE GmbH entwickelt.​

Der neue Roboter steht für einen bedeutenden Sprung in der Augenheilkunde und gibt Hoffnung auf eine Zukunft, in der solche hochpräzisen Eingriffe Routine werden und viele Menschen vor Erblindung bewahrt werden können.​

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